Themen – Qualität im KindesschutzInteressengemeinschaft für Qualität im Kindesschutz

Themen

Qualität im Kindesschutz

Für die IGQK ist Qualität eine Bezeichnung, mit der Anforderungen und Ziele des Kindesschutzes auf verschiedenen Dimensionen beschrieben werden können. Diese werden im Hinblick auf ihre Einhaltung bzw. ihr Erreichen überprüft und zur Verbesserung und Sicherung der Praxis herangezogen. Unter Qualität versteht die IGQK ein soziales und historisch relatives Konstrukt, welches verschiedene und zumeist im Gegensatz zueinanderstehende Interessen, Erwartungen und Wünschen an eine gute Kindesschutzarbeit beinhaltet. Qualität wird von der Interessengemeinschaft nicht als eine absolute Grösse angesehen, welche ein für alle Mal im Kindesschutz erreicht werden kann. Sie wird stattdessen als ein wichtiger orientierender und anzustrebender Massstab angesehen. Diesen gilt es im Austausch und im Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft und unter Einbezug der Öffentlichkeit und der Politik sowie auf Angebote und Massnahmen des freiwilligen, öffentlich-rechtlichen, zivilrechtlichen und strafrechtlichen Kindesschutzes angewiesene Kinder, Jugendliche und ihre Eltern auszuhandeln und in Gestalt von allgemein akzeptierten Qualitätsstandards auszubuchstabieren.

Transdisziplinäre Qualitäts-Standards für den Kindesschutz

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Die Interessengemeinschaft für Qualität im Kindesschutz (IGQK) hat gemeinsam mit UNICEF Schweiz und Liechtenstein, Kinderschutz Schweiz und YOUVITA eine Broschüre zu transdisziplinären Qualitätsstandards im Kinderschutz für Fachpersonen, die in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern (HSLU) entwickelt wurde, veröffentlicht. Damit liegen dem fragmentierten Kindesschutz in der Schweiz erstmals einheitliche Qualitätsstandards vor.

Ausgangspunkt für die Entwicklung von transdisziplinären Qualitätsstandards war der 1. Nationale Qualitäts-Dialog im Jahr 2018. Basierend darauf tauschte sich eine Arbeitsgruppe unter Leitung der IGQK über «Good Practices» aus und legte die Basis für die Weiterentwicklung von transdisziplinären Qualitätsstandards. Nach einer öffentlichen Ausschreibung des Projekts wurden die Standards von der Hochschule Luzern in einem mehrstufigen wissenschaftlichen Vorgehen erarbeitet und von einer breit angelegten Begleitgruppe aktiv unterstützt. Der Austausch und Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft sowie die Einbeziehung von Öffentlichkeit, Politik und Personen, die in ihrer Kindheit selbst Erfahrungen mit dem Kinderschutz gemacht haben, waren massgeblich für den Entwicklungsprozess.

Das Ergebnis dieses intensiv geführten und empirisch abgestützten Fachdiskurses sind zwanzig transdisziplinäre Qualitätsstandards für Fachpersonen, die sich in drei Themenbereiche gliedern. Dazu zählen insbesondere:

Partizipation

  • Bereitstellung von alters- und entwicklungsgerechten Informationen für Kinder über
  • Unterstützung des Kindes bei der eigenen Meinungsbildung und -äusserung.
  • Unterstützung der Angehörigen, damit sie die Einschätzungs- und Entscheidungsprozesse (inkl. Klagemöglichkeit) für das Einbringen der Bedürfnisse der Kinder nutzen.

Orientierung am Kindeswohl

  • Unterstützung, um die Ressourcen des Kindes, der Eltern und der Familie zu mobilisieren, ihre Belastungen zu reduzieren und das Kind, die Eltern sowie die Familie zu stärken.
  • Rechtzeitige Unterstützung zum Schutz des Kindes bei Feststellung einer Gefährdung des Kindeswohls, die den Schweregrad, die Dauer der Gefährdung und das Erreichen von Unterstützungszielen berücksichtigt.

Fachlichkeit und Zusammenarbeit

  • Aneignung von aktuellem, evidenzbasiertem Fachwissen über Kinderrechte, Unterstützungsformen und Gefährdungserkennung.
  • Gestaltung von barrierefreien, sicheren und altersgerechten Räumlichkeiten und Materialien.
  • Umsetzung klarer Koordination und eindeutiger Verantwortungsbereiche.
  • Auswahl einer Ansprechperson für das Kind, sofern mehrere Fachpersonen über längere Zeit involviert sind.

Die transdisziplinären Qualitätsstandards richten sich an Fachpersonen und Organisationen aus dem freiwilligen, öffentlich-rechtlichen, zivilrechtlichen und strafrechtlichen Kindesschutz, die direkt mit Kindern und Angehörigen arbeiten. Die Qualitätsstandards dienen dazu, das Handeln von Fachpersonen zu evaluieren und zu optimieren. Darüber hinaus legen sie eine Basis, auf der die Fachpersonen innerhalb ihrer Organisation und in regionalen Verbänden den Austausch über und die Weiterentwicklung von Qualität im Kindesschutz pflegen können.

Dem fragmentierten Kindesschutz in der Schweiz liegen nun erstmals Qualitätsstandards vor, die von unterschiedlichen Akteuren unterstützt werden. Sie dienen als wichtige Grundlagen zum Auftakt für die Weiterentwicklung einer gemeinsamen Vision des Kindesschutzes. Am 9./10. November 2023 wird die Broschüre im Rahmen des 3. Nationalen Qualitätsdialogs der IGQK zum ersten Mal öffentlich präsentiert, besprochen und in Printversion aufgelegt.

Kontakte für Medien

Interessengemeinschaft für Qualität im Kindesschutz (IGQK)
Helga Berchtold, Co-Präsidentin & Koordinatorin
079 268 34 13; info@qualitaet-kindesschutz.ch

UNICEF Schweiz und Liechtenstein
Jürg Keim, Medienstelle
044 317 22 41, j.keim@unicef.ch

Kinderschutz Schweiz
Tamara Parham, Leiterin Kommunikation / Mitglied der Geschäftsleitung
031 384 29 19, tamara.parham@kinderschutz.ch

YOUVITA, Branchenverband von ARTISET
Rahel Jakovina, Fachmitarbeiterin
031 385 33 48, media@artiset.ch

Konsultation zu den Empfehlungen zur ausserfamiliären Platzierung.

Die Interessengemeinschaft Qualität im Kindesschutz (IGQK) nahm bei der fachtechnischen Konsultation zum Entwurf der Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) und der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) zur ausserfamiliären Platzierung teil. Die IGQK begrüsst die Stossrichtung dieser Empfehlungen grundsätzlich. Sie weist jedoch darauf hin, dass es für die Umsetzung dieser Empfehlungen in den Kantonen nebst entsprechenden Regelungen und Verfahren vor allem ein Ausbau von entsprechenden Fachdiensten in den Kantonen benötigt, welche dafür zuständig sind, ausserfamiliäre Platzierungen zu planen, umzusetzen und im Hinblick auf ihre Qualität regelmässig zu überprüfen.

Modelle zur Professionalisierung von Abklärungen im Kindesschutz

Seit Mitte der 2010er Jahre liegen für das Schweizer Kindesschutzsystem zugeschnittene, auf empirische Befunde basierende, Verfahren und Instrumente zur Abklärung von Kindeswohlfragen vor. In einem Beitrag in der „Zeitschrift für Kindes- und Erwachsenenschutz“ (ZKE NR. 2/2017) werden zwei Modelle zur Strukturierung von Abklärung im Kindesschutz vorgestellt: das Berner und Luzerner Abklärungsinstrument zum Kindesschutz und das Prozessmanual zur dialogisch-systemischen Kindeswohlabklärung. Entwickelt wurden diese an Hochschulen bzw. Departementen für Soziale Arbeit in Luzern und Bern sowie an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW. Im Beitrag werden beide Modelle vorgestellt. Im Anschluss wird darauf eingegangen, in welcher Weise sich diese Modelle in der Praxis sinnvoll kombinieren lassen. Aus fachlicher Sicht ist eine kombinierte Nutzung der Modelle möglich, auch wenn aus organisatorischer Sicht meist eine zeitlich gestaffelte Einführung zu empfehlen ist. Die EntwicklerInnen betonen, dass weder das Abklärungsinstrument noch das Prozessmanual mit Kochbüchern verwechselt werden dürfen, in denen man einfache Rezepte zur Durchführung von Kindeswohlabklärungen finden kann. Ihre Anwendung erfordert kompetente und gut ausgebildete, abklärenden Fachpersonen sowie angemessene Rahmenbedingungen ihrer Organisationen.


 


 

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Qualität im Kindesschutz
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4056 Basel
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